Entdeckt (8): Magazin2000Plus-Spezial: UFOs & Kornkreise – Allerlei Absurdes

Ein verstrahlter Bochumer, Nazis im Weltall und ein Holländer, der ultraschlauen Jarganern begegnet. „UFOs & Kornkreise“ strotzt vor verrückten Geschichten. Und beweist: Auch ein Heft über Außerirdisches kann unterirdisch sein.

Cover-ufos

Für die Einen sind sie die tollsten Rundungen der Welt, für die Anderen seltsame Löcher im Feld. Spätestens der Erfolg von „Signs“ offenbarte, welche Faszination Kornkreise ausüben. Sind sie Zeichen von Aliens? Tricks von mediengeilen Bauern?

Eins vorneweg: Das Heft „UFOs und Kornkreise“ kann den mysteriösen Getreideschwund nicht erklären. Zum namensgebenden Thema finden sich auf 84 Seiten nur ein Leserbrief, drei Buchtipps und eine einspaltige Meldung. Letztere handelt vom französischen UFO-Forscher Jacques Vallee, der hinter den Kreisen „militärische Experimente mit Mikrowellenwaffen“ vermutet. Eine Hypothese, die er laut Heft bereits seit 20 Jahren vertritt. Gibt wohl gerade nichts Neues auf diesem Feld. Abgesehen vom verlagseigenen, ganzseitig beworbenen „Kornkreis Kalender 2011“ natürlich.  

Wenn Techniker titeln

Den Themen UFOs, Aliens und Weltall wird mehr Platz eingeräumt. Das beginnt mit einer Titelstory, die sich über „Spiegel„-verdächtige 19 Seiten streckt. Geschrieben hat sie Hans-Georg Herzog, ein 80-jähriger Doktoringenieur und „UFO-Zeuge“. Seine Geschichte, die auf dem trashigen Cover mit „UFOs über Bochum“ angekündigt wird, heißt im Heft übrigens „Die Sichtung von 4 UFO-Typen über Bochum im Sommer 2010“ – das kommt wohl dabei heraus, wenn Techniker titeln.

Seine Begegnung mit den UFOs schildert Herzog in Protokollform, bestehend aus Beobachtungen, Annahmen, Anmerkungen und Nachträgen. Stocksteif, voll technischem Vokabular. Dramaturgischer Höhepunkt: Herzog steht nachts auf seinem Balkon und erhält eine „Ganzkörperbestrahlung“ aus den Ionen-Triebwerken eines Raumschiffs. Das scheint weniger angenehm als ein Sonnenbank-Besuch gewesen zu sein. Einige Seiten später fragt der Bochumer: „Reichen die Sekunden Ganzkörper-Bestrahlung, um bei mir 9 Tage Durchfall zu erzeugen, wogegen keines der 3 ärztlich verschriebenen Medikamente half, erst Trockenhefe mit lebensfähigen Zellen?“ 

Wissen aus der Zukunft?

Vielleicht hätte die Luftwaffe diese Frage beantworten können. Weil Herzog wollte, dass sie nach Partikeln der Triebwerke sucht, kontaktierte er per Fax den Verteidigungsminister. Erfolglos. Seltsamer als die Absage ist aber etwas Anderes: In seinem Brief aus dem Juli 2010 schreibt Herzog an den Bundesminister „Guttenberg“ – wo ist dessen Doktortitel geblieben? Wusste der UFO-Zeuge etwa schon damals, dass „KT“ diesen verlieren würde? Dafür spricht: Bei Norbert Röttgen, ebenfalls in der Kopfzeile, steht der Doktor dabei… Vielleicht findet sich die Geschichten ja in der nächsten Ausgabe von „Mythen & Mysterien“. „Alienstrahlen. Wie Herzog zum Hellseher wurde.“ 

Herzog illustriert seinen Text mit mehreren bunten Skizzen der Raumschiffe. So etwas habe ich früher im Physik-Unterricht gezeichnet – aus Langeweile. Neben mehreren Buntstiften hat Herzog auch eigene Reformideen. So regt er an, die Forschungs-Förderung auf Geld aus der Notenpresse umzustellen, fordert den Ersatz der Hälfte der Abgeordneten durch „Ingenieure und sachkundige Lobbyisten“ und erzählt von einem Dozenten, dessen Augen immer glänzten  („Ich will nicht behaupten, vom vielen gestifteten Freibier war er ständig besoffen“). Der Text endet schließlich mit der „Gewissheit Nr. 3“: „Die Besatzungen der 4 Objekte können Gedanken lesen und unser Bewusstsein trüben“.

Fragmente aus Wikipedia 

Haben Hans-Georg Herzogs Erlebnisse seine Rechtschreibung getrübt? Im Gegensatz zu den Raumschiffen ist das Doppel-S bei ihm nicht angekommen. Wörter wie „Gewißheit“, „mußte“ und „Guß“ schreibt er ständig falsch. Wieso wird der Text so abgedruckt? Wirkt das authentischer? Mein Bauchgefühl plädiert für die Faulheit der Redaktion. Denn auch an anderen Stellen des Heftes finden sich Rechtschreibfehler. Teilweise werden Internetlinks genannt, die nicht funktionieren – Tippfehlern sei Dank. Vermeintliche UFO-Bilder aus dem Frühjahr und Sommer 2010 werden mit folgendem Zusatz präsentiert: „Ob es sich um Fälschungen oder natürliche Objekte handelt, konnten wir in der kurzen Zeit natürlich nicht nachprüfen.“ Das Heft erscheint zwei bis drei Mal jährlich.

Auf Konjunktive und Wörter des Zweifels wird in UFOs & Kornkreise weitgehend verzichtet, Info-Texte zum Mars werden wortwörtlich aus dem Wikipedia-Artikel übernommen. Mal mit Quellenangabe, mal ohne. Rund um die Wikipedia-Fragmente finden sich „Nazis im Weltall“-Theorien, inklusive Flugscheiben und reichsdeutschen Stützpunkten auf Sirius-B-Planeten. Alles schon gehört. Meistens von seltsamen Typen. 

Bakterien im Kamel-Kot

Auch andere Geschichten dürften so manchem Leser bekannt vorkommen. Der Text von Autor Detlef Reiß steht seit mindestens 2006 im Internet. „Besuch von Jarga“ handelt von einem Holländer, der 1967 auf die Jarganer trifft, eine Rasse Außerirdischer, die dem Menschen überlegen ist. Sie haben laut der Erzählung Raumschiffe, die mit Wasser funktionieren, und hassen die irdische TV-Werbung. Coole Kreaturen.

Neben der Jarganer-Story enthält das Heft weitere UFO-Erlebnisberichte, zum Beispiel aus Österreich, der Schweiz und Australien. Dabei zeigt sich, dass YouTube-Ausschnitte als gedruckte Screenshots noch nichtssagender sind als am Bildschirm.  

Rund um die UFO-Reports verteilen sich die üblichen Magazin-Füller: Kurzmeldungen („Außerirdische Bakterien in Kamel-Kot“), Leserbriefe („Soweit Berichte, die mein Mann in seiner urologischen Praxis erfuhr“) und Kleinanzeigen („Reinkarnation mit Runen“). Der größte Witz sind aber die „Buchbesprechungen“. „Besprechen“, das bedeutet in diesem Heft kritiklos vorstellen. Aber wen wundert’s: Präsentiert werden ausschließlich Bücher aus dem „Argo Verlag“. Das ist der Verlag, der auch die Zeitschrift herausbringt. Der passende Bestellcoupon findet sich zwischen den Besprechungen. Sogar der bereits einseitig beworbene Kornkreis-Kalender wird erneut erwähnt. Lächerlich.

UFOs & Kornkreise – ein Fazit

Alien-Stories aus dem Netz, Textfragmente aus Wikipedia, Besprechungen von Büchern aus dem eigenen Verlag – die acht Euro für UFOs & Kornkreise hätte ich lieber ins All schießen sollen. Das Magazin bietet viele Geschichten, die absurd sind, aber weit von guter Science-Fiction entfernt.

Selbst UFO-Skeptiker, die sich über das Heft amüsieren wollen, sollten das Geld sparen. Die Zeitschrift nimmt sich so ernst, dass die Lektüre auch unter Trash-Gesichtspunkten wenig Spaß macht. Ein Trip durch die UFO-Foren im Internet ist günstiger und allein schon durch den Faktor Bewegtbild aufregender. Und vielleicht stößt man dabei auf den einen oder anderen Text aus dem Magazin.

 

Infos zum Heft

UFOs und Kornkreise ist eine nach Verlagsauskunft „zwei bis drei Mal jährlich“ erscheinende Spezialausgabe des „Magazin2000Plus“. Der Muttertitel beschäftigt sich mit Themengebieten wie Verschwörungstheorien, Esoterik und Gesundheit. Er erscheint sechs Mal jährlich.

Das Magazin2000Plus und seine Ableger verlegt der Argo Verlag. Weitere Spezialhefte existieren zum Beispiel zu „Mythen & Mysterien und zum Schwerpunkt Medizin. In seinem Online-Shop verkauft der Argo Verlag zu seinen Heften passende Bücher, DVDs und Kalender. Bei YouTube veröffentlicht er das Online-Magazin „Im Blick“, das den Untertitel „unzensierte Nachrichten“ führt.  

Die Druckauflage einer Ausgabe von UFOs & Kornkreise schwankt nach Verlagsauskunft zwischen 10.000 bis 20.000 Exemplaren. Die Zeitschrift kostet acht Euro und hat 84 Seiten. Beschrieben wurde die 296. „Magazin2000Plus“-Ausgabe („Spezial 21“).  

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Fachzeitschriften, Promis, Schicksale, Esoterik

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.