Regelmäßig kaufe ich für dieses Blog Skurrilitäten. Doch bei manchen Magazinen ist schon das Cover oder Konzept so abschreckend, dass ich nicht mal im Heft blättern will. Fünf Beispiele, vom Computerheft ohne Website bis zur „InStyle Men“.
Wenn man diesem Blog eins nicht vorwerfen kann, dann mangelnde Abwechslung bei der Heftauswahl. In jetzt vier Jahren habe ich Dutzende Nischenhefte gekauft und gelesen, vom UFO– bis zum Teddybären-Magazin. Auch eine Sadomaso-Zeitschrift war Thema, bevor Shades of Grey ein weltweiter Bestseller und Hollywood-Blockbuster wurde.
Und längst nicht jedes Heft, das ich irgendwo mitnehme, wird besprochen: Aktuell liegen mir bei zum Beispiel Home-Defense-Magazine aus den USA herum, ein Nudisten-Magazin aus Großbritannien und das ebenfalls englischsprachige Heft The Best, Worst & Most Shocking Plastic Surgery, das sich auf 82 Seiten misslungenen Schönheitsoperationen widmet.
Es gibt aber auch Hefte, die ich nicht mal für mein Kuriositäten-Archiv kaufen würde – meistens, weil mich eine Kleinigkeit auf dem Cover so sehr stört, dass ich das Magazin nicht mal aufschlage.
Fünf aktuelle Beispiele:
1) Hefte, die offensichtlich Schwachsinn versprechen
Übertrieben wird auf vielen Magazin-Covern. Wo es heißt „Alles über …“, steht nie alles drin. Und auch wer „Nie wieder …“ liest, muss damit rechnen, dass der Rückenschmerz, das Rauchen oder das Singlesein trotz Lesens des Artikels zurückkommt.
Doch es gibt Versprechen, die noch offenkundiger Quatsch sind – etwa in Computerzeitschriften. Gerade liegt am Kiosk ein Heft, dessen Booklet mit dem Satz „Alle PC-Probleme mit 1-Klick lösen“ lockt (siehe Bild oben). Selbst als Computerlaie sollte man darauf nicht reinfallen. Es reicht, das Booklet aufzuklappen und eine beliebige Stelle zu lesen. Praktisch jede Anleitung zum Problemlösen hat mehrere Schritte, etwa: Sichern Sie Daten. Tippen Sie etwas ein. Drücken Sie auf diese und jene Schaltfläche. Und schließen Sie das Fenster. Nur im Traum geht das mit einem Klick.
Dass mich die Titelzeile so ärgert, mag davon befeuert werden, dass das Booklet auf einer Computerzeitschrift klebt, die nicht mal eine Website hat. Das Heft nennt sich Computer, die Unterzeile „Das Magazin für die Praxis“ ist fast der kleinstgeschriebene Text auf der gesamten Titelseite. Ich habe ernsthaft ins Impressum des Hefts geguckt, um herauszufinden, wie es heißt. Den Namen Computer hielt ich für abwegig.
Das Titelbild ist bei jeder Ausgabe so vollgeklatscht. Ein Rätsel, wen das ansprechen soll. Zu allem Überfluss hat das aktuelle Cover noch mehr dämliche Versprechen zu bieten: In der Seitenspalte heißt es zu einem Programm „Macht jeden PC mit nur 1-Klick wie neu“. Und bei der Bewerbung der Rettungs-CD finden sich die Hinweise „Behebt PC-Fehler sofort mit 1-Klick“ und „Findet und löscht sofort alle Viren“. Schade, dass man Computer nicht mit einem Klick aus dem Kiosk löschen kann.
2) Hefte, die mich über ihre Sprache rätseln lassen
Seit langem nerven mich Hefte für mehrere Sprachräume. Es gibt wenig Überflüssigeres, als deutsche Magazintexte neben denen exakt dasselbe nochmal auf Englisch steht. Ärgerlich fand ich das schon vor Jahren bei InGraphics, einer Art Datenjournalismus-Zeitschrift, deren Ausgaben mit schicken wie informativen Infografiken locken. Vermutlich Kostengründe haben die Macher jedoch bewogen, ihre Grafiken sowohl in Deutsch, als auch in Englisch zu betexten – was sie unnötig textlastig macht.
Noch bekloppter als zweisprachige Hefte sind Magazine, bei denen ich drei Mal hingucken muss, um überhaupt die Sprache zu erkennen. In Hamburger Kiosken wird gerade ein Mode- und Lifestyle-Magazin von Unger Fashion prominent beworben:
Obwohl ich selbst gern englische Phrasen verwende: So gehäuft wirken Formulierungen wie „Pretty Sporty“, „Super Natural“ und „Coolest Jewels“ in einem deutschsprachigen Magazin dann doch peinlich. Und die Ahnung, dass es innen nicht besser wird, tut ihr Übriges. Get Away, U.
3) Hefte mit dämlichen Wortspielen auf dem Titel
Eine andere gute Möglichkeit, mich vom Heftkauf abzuhalten, sind dämliche und möglichst prominent platzierte Wortspiele. „Nicht euer Ernst“ habe ich zum Beispiel bei einem DVD-Angebot der Zeitschrift Computer Bild gedacht, das mit dem Slogan „Alles im Überklick“ beworben wird:
Ein so schlechtes Wortspiel, dass das Magazin es wohl aus purer Lust am Provozieren mindestens seit 2001 benutzt, Jahr für Jahr.
4) Hefte mit Überschriften im Heftig-Stil
Definitiv verabscheuungswürdig sind Magazine, die das sogenannte Clickbaiting im Print nachahmen. In Deutschland spricht man bei Zeilen wie „Ein Engländer erklärt, wie man Deutscher wird. Nr. 8 ist zum Schreien“ gern vom Heftig-Stil, weil das Portal Heftig.co fast ausschließlich solche Locküberschriften einsetzt, um Leser zum Klicken auf seine Artikel zu bringen.
Im Zeitschriftenladen ist mir diese verzweifelte Art, Geschichten anzupreisen, beim Frauenmagazin Petra begegnet:

Cover der vorletzten Petra-Ausgabe: „22 Ideen, die den Frühling richtig rocken – Die Nummer 7 finden wir genial“
Absurd finde ich die Zeile, weil das Clickbaiting im Print gar nicht richtig funktioniert – zumindest, solange das Heft nicht eingeschweißt ist. Man kann es einfach aufschlagen und nachlesen, warum Grund 7 „genial“ ist. Anders als bei Online-Medien, wo jeder Klick gut fürs Anzeigengeschäft ist, verdient der Verlag daran keinen Cent. Der spätere Käufer des Hefts wundert sich höchstens über Fingerabdrücke anderer Leute.
Im Sinne der Hygiene wage ich es an dieser Stelle zu spoilern: Die vermeintlich geniale Idee ist es, Gerichte zu kochen, für deren Zubereitung ein einziger Topf reicht. Weitere Tipps, die „richtig rocken“, sind „Putzengel buchen“ und „Ganz spontan wegfahren“. Nur konsequent, dass der Artikel genauso enttäuscht wie typische Heftig-Artikel.
5) Hefte, die wie Werbekataloge aussehen
Neben Heften, die mich inhaltlich ansprechen, aber stilistisch abstoßen, gibt es Magazine, bei denen ich das komplette Konzept verachte. Exemplarisch sei hier InStyle Men genannt, die Männervariante der Frauenmodezeitschrift InStyle. Das Heft versucht gar nicht erst schick zu sein, sondern wirkt größtenteils wie ein billig gemachter Katalog eines Händlers von teuren Klamotten.
Auf 142 Seiten finden sich unzählige Produkte, vom „Disney’s Pinocchio“-Samtslipper für 290 Euro bis zum Dinnerjacket für 3800 Euro („Unsere Best-Buy-Empfehlung“). Da dürfen natürlich auch Modestrecken nicht fehlen, in denen die Kette eines Models 58.000 Euro kostet. Was in InStyle Men präsentiert wird, ist natürlich „Krass gut“, wie das lieblos gemachte Cover verspricht, das man trotz David Beckham unmittelbar nach dem Hinschauen wieder vergisst.
Auch abseits der Einkaufstipps findet sich in InStyle Men für mich nichts Interessantes. Ab dem zweiten Heftdrittel gibt es zwar Interviews, aber die wirken schon beim Querlesen öde. Schauspieler Hardy Krüger Jr. zum Beispiel wird gefragt, ob man ihn „eigentlich auch mal ohne perfekt sitzende Gelfrisur“ sieht.
Noch belangloser ist da nur ein Selbstversuch, bei dem ein Redakteur wissen will, „wie es sich anfühlt, so hypercool zu sein wie ein Streetstyle-Star“. Dafür lässt er sich einen Vollbart ankleben, die Haare gelen und den Hals mit künstlichen Tattoos bekleben. „Maskenbildnerin Caterina […] findet mich danach ‚ziemlich geil'“, schreibt er. Gegen so ein Heft ist selbst GQ ein Genuss.
Und zum Schluss noch ein Fundstück
Ich laufe aber natürlich nicht nur fluchend durch den Kiosk. Manchmal stoße ich beim Durchblättern von Magazinen auch auf Stellen, die mich amüsieren. Dazu zählte in letzter Zeit zum Beispiel diese Frage-Antwort-Kombination:
Der Ausschnitt stammt aus der Leserfragen-Kolumne „Der Kerl redet Klartext“ aus der Women’s Health, dem Men’s-Health-Pendant für Frauen. Das Magazin hatte ich mal unter der Überschrift „Zeitlos langweilig“ rezensiert. Finde ich bemerkenswert und auch inhaltlich angemessen, dass solch eine Antwort in einem Frauenmagazin erscheint.
Lesetipp: Im März 2011 hatte ich schon mal zehn Dinge aufgeschrieben, die ich an Magazinen hasse.