Entsorgt (15): „Heiße Magazine crushen 2“ – Nackte Füße gegen nackte Frauen

Viele Print-Fans schwärmen von der Haptik gedruckter Magazine. Nach dem Anschauen eines Fetisch-Films stellt sich mir vor allem eine Frage: Womit blättern diese Menschen durch ihre Hefte?

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Fuß aufs Gesicht: Szene aus „Heiße Magazine Crushen 2“ (optisch verfremdet)

Vor kurzem habe ich etwas Vernünftiges gemacht: Ich habe digital ausgemistet, von der DVD-Sammlung bis zur Computer-Festplatte. Letzteres führte zu einer peinlichen Erkenntnis: Der, dass ein Großteil meiner Handybilder komische Magazin-Cover sind, heimlich im Laden geknipst für den Fall, dass ich sie mal für einen Artikel im Stil von Die seltsamsten Magazin-Cover des Frühjahrs brauchen könnte.

Das erklärt immerhin, warum das leicht verstörende Motiv „Seltsamer Spiegeltrick mit Frauenbeinen“ auf meinem Rechner gelandet ist:

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Im Vergleich zum Cover von ProfiFoto, einem angeblichen „Premium-Titel, der Maßstäbe setzt“, wirkt sogar der Sprinkle Report seriös, ein weiteres Festplatten-Fundstück. Dieser magazinartige Newsletter aus den USA war mir auf der documenta 14 in Kassel begegnet: Er widmet sich der Urophilie, einer sexuellen Vorliebe für Urin.

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Zum Thema Fetische und Magazine hatte mein Digitalarchiv aber noch mehr zu bieten. In einer DVD-Spindel stieß ich auf zwei Datenträger, die ich vor rund vier Jahren für dieses Blog bestellt hatte: „Heiße Magazine crushen“ und „Heiße Magazine crushen 2“. Beides sind 15 Euro teure Filme der „Fussfreunde“, einem Portal zur „Welt der Fußerotik und des Fußfetisch“.

Für eine der DVDs waren ein Umzug und vier Jahre Ignoranz schon zu viel: „Heiße Magazine crushen“ hat einen Kratzer abbekommen, durch den sich der Film nicht mehr abspielen lässt – ein Schicksal, das er mit einigen meiner Musik-Alben teilt. Teil zwei dagegen funktioniert noch einwandfrei, jedenfalls, was die Technik angeht.

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Die DVD von „Heiße Magazine crushen 2“

Darum geht es in „Heiße Magazine crushen 2“

Die Story des Films ist so unspektakulär, wie die Macher sie selbst zusammenfassen: Ronja findet demnach „mehrere Zeitschriften mit brisantem Inhalt“, die offenbar ihrem Freund gehören – daraufhin ist sie „total sauer“ und blättert die Magazine erst mal (mit den Händen) durch. Erst dann wird der Fußfetisch-Bezug klar: „Zur Strafe will sie die Magazine jetzt mit ihren schmutzigen, nackten Füßen zerstören.“

Und wenn Ronja Hefte zerstört, dann richtig: „Ronjas Füße sind ordentlich schmutzig“, heißt es. „Sie legt los und crusht und zerreißt die Zeitschriften mit ihren Füßen. Mal schnell und mal langsam. Je nachdem, ob ihr Wutpegel rauf oder runter geht. Die Mädels in der Zeitung werden einfach so von Ronjas Füßen zerrissen. Da geht echt was ab. Heiße Crushing Action vom Feinsten!“ Im Kern geht es also um eine Racheaktion Ronjas an ihrem Freund, der anscheinend Erotikmagazine mag und sie – selten dämlich, da kaum übersehbar – in der Couchritze versteckt hat.

Ein zeitloses Thema, sollte man meinen, trotzdem merkt man dem 2010 gedrehten Video sein Alter an. So sind die Hefte, die „gecrusht“ werden, Sonderausgaben des Magazins FHM, das es in Deutschland schon länger nicht mehr gibt und von dem 2016 auch in Großbritannien die „allerletzte Ausgabe“ erschienen ist. Heute müsste Ronja wohl eher Smartphones zertrampeln, oder zumindest Playboy-Sonderhefte.

Produktionsstandards auf Schüler-Niveau

Was der Film nach wie vor bietet, ist der Charme einer echten Amateuraufnahme, der oft selbst für Profis schwer nachzuahmen ist. Die Kamera wackelt, die Zooms wirken unruhig und der Boden quietscht, wenn die Person hinter der Kamera durchs Zimmer läuft. Eigentlich fehlen nur ein Paar Socken, ein Lachanfall und das Rasenmähen des Nachbars als Hintergrundgeräusch, dann wäre alles wie in meiner Schulzeit, als ich mit Kumpels in vergleichbarer Produktionsqualität Klamaukvideos aufgenommen habe – zum Glück, bevor es YouTube gab.

Sogar unsere stets improvisierten Texte waren an guten Tagen auf ähnlichem Niveau. Wie einst wir deutet auch Ronja das Motto „Show, don’t tell“ teils brachial in „Tell, don’t show“ um, mit zu sich selbst gesprochenen Sätzen wie „Na, da bin ich ja überrascht“ und „Son Pisser. Ich bin so sauer, sowas von.“

Eindeutig besser ist Ronja dagegen in Sachen Körperbeherrschung: Mit geschicktem Zehen- und Fußballen-Einsatz nimmt sie die Hefte solange auseinander, bis sie in einem Haufen Papierschnipsel steht. Dabei wird gelegentlich auf ihre Füße gezoomt.

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FHM-Seiten am Boden: Momentaufnahme aus „Heiße Magazine crushen 2“ (optisch verfremdet)

„Mal was Anständiges lernen“

Über ihren Freund, aber auch die Hefte regt sich Ronja durchgehend auf. „Auf jeder Seite: keine Informationen oder so“, klagt sie: „Nein, nur Möpse, Titten, Ärsche, lange Haare, lüstern.“ Und als eine Frau mal noch weniger anhat, als die anderen, sagt sie: „Ganz nackig, schön. Schwein!“ Zum Schluss rät Ronja den FHM-Damen: „Mal was Anständiges lernen: Deine Schönheit vergeht auch, aber das sagt euch ja keiner.“

Gefühlte 45, reale 22 Minuten geht das so (übrigens ohne Porno-Gestöhne oder Striptease, es geht wirklich schlicht um den Reiz nackter Füße auf Erotik-Magazinen), dann endet der Film mit Ronjas Fazit: „Bin so sauer, aber zufrieden. Das habe ich gut gemacht.“ Dramaturgisch fehlt nur die Reaktion des Freundes, zu dem Ronja zwischendurch noch feststellt: „Schatz war er mal, übrigens“.

Für Leute wie mich, die sich mehr für Magazine als Füße interessieren, hat der Film immerhin eine Metaebene: Er lässt erahnen, welche Emotionen Gedrucktes auslösen kann. Bei Ronja jedenfalls führen schon die zweidimensionalen Magazinbilder dazu, dass sie sich verhält, als seien die Frauen anwesend. Einem der Models ruft sie zu: „Ja, guck du nur!“, später folgt ein „Ihr braucht mich gar nicht so anstarren von da unten“.

Als wären die Frauen echt

Überhaupt, die Wirkung von Print: Während Ronja durch die Magazin-Seiten stapft, rascheln sie. Und auch das Geräusch, wenn sie per Fuß Seiten aus der Bindung rupft, ist einzigartig. Schließt man die Augen, könnte man das Fußfetisch-Video für einen Clip aus dem immer größer werdenden ASMR-Universum halten, in dem YouTube-Videos voll Flüstern oder Rascheln beim Zuschauer zu einer Art Kopforgasmus führen sollen.

Tatsächlich gibt es diverse ASMR-Videos, in denen durch Zeitschriften geblättert wird, wie dieses oder dieses. Und man findet sogar Videos, in denen teils eine halbe Stunde lang Seiten aus Heften gerissen werden, etwa hier und hier. So gibt es wohl zumindest eine Zielgruppe, für die das „Fussfreunde“-Video eine Offenbarung sein könnte: Leute, die nackte Füße genauso mögen wie das Geräusch von reißendem Papier.

Ab jetzt muss ich immer nachhaken

Mich hat Ronjas Zerstörungswut tatsächlich auch noch kurz zum Nachdenken gebracht. Ich fragte mich, ob und inwiefern es Magazine eigentlich attraktiv macht, dass sie sich so leicht und folgenlos kaputtmachen lassen. Ich jedenfalls finde es praktisch, ein Heft nach ein, zwei schlechten Artikeln quer durch den Raum oder in den Müll werfen zu können – eine Reaktion, die ich beim Computer oder Smartphone lieber unterdrücke.

Wenn ich an Ronjas Schauspiel also irgendetwas nachvollziehbar finde, dann ihr Gefühl der Zufriedenheit, nachdem sie die Hefte mit ihren Füßen malträtiert hat.

Und so bleibt am Ende nur eine Frage im Raum stehen: Was genau meinen all die Menschen, die von der Haptik gedruckter Magazine schwärmen? Mögen sie es, die Hefte mit den Händen zu durchblättern – oder spielen sie vielleicht doch darauf an, dass es Spaß macht, sie mit den Füßen zu bearbeiten? Nächstes Mal jedenfalls, wenn jemand von Haptik faselt, muss ich wohl nachfragen. Danke dafür, liebe „Fussfreunde“.

Noch ein Service-Hinweis für alle, die es mögen, wenn Füße auf Zeitschriften treffen: Von „Heiße Magazine crushen“ gibt es mittlerweile auch einen dritten Teil, in dem sich diesmal eine „Penelope“ auf Heftseiten austobt. „Zum Schluss bleibt nur noch ein Haufen Müll“, heißt es dazu von den Videomachern, die auch Sandalen-Fans ansprechen wollen. Sie betonen jedenfalls: „Lecker Klepper Berkemann B100 gibt es auch zu sehen.“

 

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