Entdeckt (17): The Vampires – Im Zweifel rein damit!

Das Heft zum Hype: Während „Twilight“ den Teenagern das Geld aus den Taschen saugt, kommt mit „The Vampires“ das erste Vampir-Magazin an den Kiosk. Neben Bella und Edward berichtet es über Graf Zahl.

Vampires-cover

Hurra, es hat sich ausgepottert. Noch wenige Tage, dann haben auch die letzten Verzauberten den zehnkommafünften Film zum fünfundzwanzigsten Buch beweint und dürfen sich anschließend wieder wie Erwachsene benehmen. Der Hype um Harry ist vorbei. Herrlich. Zehn Jahre habe ich als Nichtleser der Bücher diesen Moment herbeigesehnt, seit der siebten Klasse. Damals, als mich meine Mitschüler belächelten, weil ich keine Ahnung hatte, was ein Muggel ist.

Eine andere nervige Saga ist leider noch nicht auserzählt. Bis zum Schluss von Twilight, der neuesten Filmplage, dauert es mindestens noch zwei Hälften des vierten Teils, von denen die erste im Herbst ins Kino kommt. Wirtschaftlich gesehen ist es also schlau, jetzt noch schnell ein Vampir-Magazin zu veröffentlichen.

Von Graf Zahl bis zum Gummi-Vampir

 The Vampires heißt das Blutsauger-Blatt, das seit März am Kiosk liegt – und das meistens den ganzen Tag lang. Schließlich kann ein Großteil der Zielgruppe erst im Dunkeln zum Zeitschriftenhändler fliegen. Tja, lieber Marvi Verlag, das passiert, wenn du ein offizielles Magazin „für Vampire und Werwölfe“ rausbringst und nicht „über“.

Inhaltlich richtet sich das Heft dann doch eher an die Fans der Kreaturen. Dabei berichtet das Heft vor allem über Vampire, und zwar über jeden, der nicht bei Drei in seinen Sarg gesprungen ist: von Graf Zahl („eine der besten Puppen“) über die Haribo-Vampire („ein Muss für jeden Vampirfan“) bis hin zu Mark Benecke, der nicht nur bei „Hart, aber Fair“ verzweifelt, sondern auch Vorsitzender der Deutschen Dracula-Gesellschaft ist. Bei der Themenauswahl scheint die Redaktion ein klares Motto gehabt zu haben: „Im Zweifel rein damit!“

Deutschlands letzter Blutsauger

 So wird natürlich jeder populären Vampirserie gehuldigt, True Blood etwa mit einem Reiseführer für die Stadt Bon Temps (die nur in der Serie existiert) und Twilight mit den drängendsten Fragen zum nächsten Teil („Neuer Film, neue Haare, neue Klamotten?“). Viele dieser Texte versteht man allerdings nur mit soliden Serien-Kenntnissen. Doppelseitig beschrieben wird zum Beispiel die American Vampire League. Dass auch die eine fiktive Vereinigung aus True Blood ist, verrät keine Zeile des Textes.

Allgemeinverständlich sind dagegen mehrere Geschichten am Heftanfang. Dort wird unter anderem die Kulturgeschichte der Vampire erzählt, sowie die Legende vom „letzten Vampir Deutschlands“. Der soll in Morbach, im Hunsrück, gewütet haben. Das behaupten zumindest Internetberichte wie dieser.

Hohlbein beliebt zu scherzen

Als Vampir-Experte wird neben Dracula Benecke der Fantasy-Autor Wolfgang Hohlbein interviewt. Ein großer Name für ein kleines Heft, leider liest sich das Gespräch mühsam. Wenige Zeilen ist es spannend, einige skurril („Er heißt Wolfgang mit Vornamen – logisch, dass dadurch eine gewisse Verbundenheit mit Vampiren besteht.“) und die restlichen anstrengend („Woran liegt es, dass die fantastische Literatur seit langem dermaßen boomt? – Vor allem an mir (lacht). Das war jetzt ein Scherz.“)

Gelungener sind die Produkttipps, die mit 26 Seiten einen Großteil des Heftes füllen. Unter anderem stellt die Redaktion Filme, Bücher und Süßigkeiten mit Vampir- oder Werwolf-Bezügen vor. Den Medien wird eine „Diagnose“ in Form von bis zu fünf Kerzen gestellt, die in den meisten Fällen nachvollziehbar klingt. Das gilt für die Kurztests. Die längeren Besprechungen habe ich selten komplett gelesen, weil mich der Stil nervte. So retten sich die Schreiber gern mit Belanglosigkeiten in die nächste Zeile. „Action ist aber nicht alles. Deshalb hat der Film auch eine Story“, heißt es etwa in der Besprechung von Priest.

 Von den Seitenrändern tropft Blut

Überflüssig finde ich ein vermeintliches Highlight des Heftes, eine Fortsetzungsgeschichte von Markus Heitz. Sie handelt von zwei dämlichen Vampiren, die wissen wollen, ob sie fließendes Wasser umbringt. Deshalb schmeißen sie testweise einen anderen Vampir in einen See. Diese seltsame Story zieht sich über vier Seiten und wie sie endgültig ausgeht, erfahre ich erst im nächsten Heft – in drei Monaten. Nein, danke! Immerhin habe ich durch den Text ein neues Wort gelernt: blecken. 

Optisch bietet The Vampires Altbekanntes. Im Heft dominieren die Farben Schwarz und Rot, von den Seitenrändern tropft Blut, das Impressum steht auf einem Grabstein. Dieses sollte um jeden Preis düster wirken. Der Preis ist in diesem Fall der, dass das Heft an vielen Stellen überladen und unruhig wirkt. Schade.

The Vampires – ein Fazit

Trotz aller Kritik ist The Vampires weniger schrottig, als ich es erwartet hatte. Die Redaktion bemüht sich zumindest, mehr zu bieten, als eine Best-Of-Berichterstattung zu den populären Serien. Und wenn es eben ein Porträt von Graf Zahl ist oder eine dämliche Kurzgeschichte. Gleichzeitig ist die Themenauswahl nach dem Motto „Im Zweifel rein damit!“ das Hauptproblem. The Vampires fehlt eine klare Linie, inhaltlich wie optisch. Alles wirkt wie zusammengewürfelt. Für 4,95 Euro ist das zu wenig.

Angesichts der zahlreichen Besprechungen von Filmklassikern frage mich außerdem, worüber die kommenden Ausgaben berichtet sollen. Außer dem kleinen Vampir und dem Tanz der Vampire bleibt irgendwann nur noch Vampy, eine Vampirpuppe aus dem frühen RTL2-Kinderprogramm. Und die ist genauso nervig wie Harry Potter.

Ach ja: Wer die Website des Hefts besuchen will, sollte beim Eintippen der Adresse bloß nicht das Minus vergessen. Sonst landet er bei The Vampires, einer Band, die laut Eigenbeschreibung aus einer Zeit stammt, „als Pop-Bands noch aus dem Keller kamen“. Sowas ist wirklich gruselig.

Infos zum Heft

The Vampires erscheint alle drei Monate im Marvi Verlag, der erst im vergangenen Jahr gegründet wurde. Vielleicht hat er deshalb noch keine Website. Neben The Vampires veröffentlicht Marvi das Bio-Magazin Bio Life.

Gedruckt wird The Vampires in einer Auflage von 35.000 Exemplaren. Erstmals erschien das Magazin im März 2011. Nach eigenen Angaben ist The Vampires „Deutschlands erstes Printmagazin für Vampire und Werwölfe“.

Das Heft kostet 4,95 Euro. Beschrieben wurde die Ausgabe 2/2011. Sie hat 68 Seiten.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Promis, Schicksale, Esoterik, Zeitschriften über Medien

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.